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27. January 2023

Preisermittlung im B2B eCommerce

Preisermittlung im B2B eCommerce

eCommerce in B2B ist komplex – das ist fast schon eine Binsenweisheit. Nicht zuletzt deshalb verlief die Digitalisierung hier bisher zurückhaltender als in B2C. In der letzten Zeit hat das Thema aber Fahrt aufgenommen, immer mehr Shop-Hersteller bieten spezielle B2B-Features an. Mehrstufige Vertriebsprozesse, die Hersteller und Kunden etwa aus der Industrie gewohnt sind, lassen sich nur durch eine umfassende ERP-Integration effizient automatisieren und in Webshops abbilden. Einer der Gründe dafür: die aufwändige B2B-Preislogik.

5 Faktoren, die die Preisgestaltung in B2B aufwändig machen – und wie Sie es dennoch schaffen, auch im Webshop jederzeit den richtigen Preis anzuzeigen:  

Individuelle Preise für jeden Kunden

Im B2B-Geschäft werden die Preise für Produkte individuell verhandelt, Listenpreise für Bestandskunden nahezu immer rabattiert. Das kann so weit gehen, dass jeder Kunde eigene Konditionen hat, die in der Warenwirtschaft hinterlegt sind. Bei mehreren hundert oder tausend Produkten ist die Pflege im preisführenden System schon sehr aufwändig. Eine parallele, manuelle Abbildung und Pflege in einem Shop-System wären ineffizient, Zeitaufwand und Fehlerrisiko viel zu hoch.

Deshalb sollten Preise im B2B-Geschäft immer direkt aus den preisführenden ERP-Systemen kommen, Onlineshops also ERP-integriert sein. Die SAP-Konditionstechnik bietet fast beliebige Flexibilität in der Preisfindung: Mengenstaffeln mit beliebig vielen Stufen, Zugaben, Stück- und Preisrabatte – abhängig vom einzelnen Kunden, einer definierbaren Kundengruppe oder einem Produkt. Über Konditionsart, Konditionssatz, Gültigkeit und Zugriffsfolge kennt das ERP-System jederzeit den richtigen Preis für ein Produkt. Das geht weit über die Möglichkeiten der Preis-Steuerung im Backend von Onlineshops hinaus. In integrierten Onlineshops werden Preise im ERP-System ermittelt und „fertig“ in Echtzeit an den Shop übergeben.

Im Shop-Frontend sehen eingeloggte Kunden dann die individuell für sie rabattierten Preise. Das ist live auf jeder Produktseite möglich. Um die Performance von Onlineshop und SAP-System nicht zu verschlechtern, wenn viele Kunden gleichzeitig im Shop sind, verzichten allerdings viele Unternehmen auf dieses Feature. Sie zeigen den individuellen Preis erst im Warenkorb an. Als Extra-Service bieten einige PROCLANE-Kunden ihren Kunden aber die Möglichkeit, eine individuelle Preis-Abfrage auf der Produktseite gezielt per Klick auszulösen.

Auch für die verschiedenen Möglichkeiten der Schnellbestellung im B2B-Einkauf (Listen-Upload, gespeicherte Warenkörbe…) lassen sich nach einer Data Integration Live-Preise aus dem ERP-System ziehen und live anzeigen.


Zusätzliche Aktionen im Onlineshop

eCommerce-Manager und Marketing-Verantwortliche lieben sie: Zeitbegrenzte Aktionen, mit denen sie die Umsätze im Onlineshop pushen können, ohne dafür beispielsweise durch alle SAP-Instanzen gehen zu müssen. Kunden kennen Gutscheincodes, Aktionswochen oder besondere Dreingaben von ihren privaten Einkäufen nach Feierabend.

Im Shop-Backend sind diese Rabattaktionen leicht und ohne ERP-Kenntnisse anzulegen. Viele Systeme bieten sie in großer Auswahl an, setzen aber voraus, dass die Aktionen auch über das Shop-Backend gesteuert werden. Ein Beispiel: Über den Shop lassen sich per Mailing Gutscheincodes verschicken, die ihre Gültigkeit verlieren, wenn sie genutzt werden. Aber wie können Auftragspositionen, die explizit aus dem Shop kommen, im ERP-System angelegt werden? Wie passen sie zu den hinterlegten kundenindividuellen Preisen?

Shop-Aktionen können ERP-Preise überschreiben. Welche Preise wie verändert werden können und welche Dreingaben möglich sind, steht Ihnen frei. Sie müssen allerdings im Vorfeld feste Regeln und Bedingungen schaffen, nach denen Ihre Preisfindungs-Prozesse laufen. Welche Produkte sind mit welchen Shop-Aktionen kombinierbar? Welcher Rabatt „sticht“? Die veränderten Preise oder Dreingaben („Ein T-Shirt für jede Bestellung!“ „Bestelle zehn, bezahle neun!“) werden aus dem Shop als manuelle Konditionen an das ERP-System übergeben und im Auftrag angelegt.
 

Interne und externe Zu- und Abschläge

Das B2B-Geschäft kennt zahlreiche Zu- und Abschläge, die beim Bestellen berücksichtigt werden müssen. Sie sind entweder abhängig vom Produkt, wie beim Gefahrgut-Zuschlag oder einem tagesaktuellen Materialzuschlag für Kupfer. Oder sie betreffen eine komplette Bestellung: Bei definierten Bestellmengen können Sie für das Ordern von Minder- oder Mehrmengen Zu- oder Abschläge definieren. Im integrierten eCommerce werden die dann im ERP-System verwaltet und im Warenkorb automatisch berücksichtigt.

Ob Ihre Kunden vor der Bestellung nur den Gesamtpreis oder aufgeschlüsselt alle Preise, Zu- und Abschläge sehen, entscheiden Sie. Möglich ist beides.
 

Rundungsdifferenzen auf Produkt- und Warenkorb-Ebene

Für eine effiziente Auftragsverarbeitung bei Händler und Kunde ist es wichtig, dass die Bestellung aus dem Shop, der Auftrag im ERP-System des Händlers und die Rechnung möglichst exakt den gleichen Wert haben. Alles andere verwirrt Ihre Kunden und erzeugt einen manuellen Klärungsaufwand, den alle vermeiden wollen.

„Exakt gleicher Wert“ bedeutet: auf den Cent genau. Das klingt erst einmal trivial, ist aber in der Praxis eine der größten Herausforderungen der eCommerce-Integration. ERP-Systeme rechnen mit vielen Nachkomma-Stellen, bis zu 14 können es in SAP-Systemen sein. Shops können das nicht. Wenn im Rahmen einer Bestellung oder Auftragsanlage prozentuale Zu- und Abschläge greifen, also multipliziert oder dividiert wird, entstehen Rundungsdifferenzen, beim einzelnen Produkt und/oder dem Gesamt-Warenkorb.

Deshalb ist es sinnvoll, die Preishoheit im ERP-System zu belassen (von den schon erwähnten, exakt zu definierenden Shop-Aktionen einmal abgesehen). Im ERP-System wird gerechnet, hier entstehen fertige Preise. Der Shop zeigt sie nur an.

Gleiches gilt für das Berechnen von Steuern und verschiedenen Währungen: Auch dafür muss prozentual gerechnet werden, es können Rundungsdifferenzen entstehen. Deshalb kommen auch sie im Idealfall aus dem ERP-System und sind so überall gleich und möglichst exakt.

Nur wenn das gewährleistet ist, klappt auch das automatisierte Bezahlen mit Kreditkarte. Im Checkout-Prozess wird der Rechnungsbetrag auf der Kreditkarte des Kunden „reserviert“. Wird die Karte beispielsweise nach dem Versand der Ware endgültig belastet („Capture“), klappt das nur, wenn der Capture-Betrag nicht höher ist als der reservierte Betrag – auch nicht um einen Cent höher.


Die richtigen Versandkosten für jede Lieferung

Was für alle anderen Preisbestandteile gilt (möglichst exakt von der Bestellung bis zur Rechnung), ist auch für die Versandkosten richtig: Je genauer sie schon bei der Bestellung feststehen, desto reibungsloser können Sie Ihre Aufträge bearbeiten.

Im ERP-System sind Versandkosten-Parameter häufig detailliert hinterlegt: Abhängig von der Produktauswahl werden Paketgröße und -gewicht exakt bestimmt. Davon hängen die Auswahl des Versand-Dienstleisters und die Versandkosten ab. Darüber hinaus können eine standardmäßig hinterlegte Lieferadresse und ihr zugeordnete Werke und Lager, aus denen verschickt wird, berücksichtigt werden.
 

Auftragssimulation liefert exakte Daten

Preise im B2B eCommerce sollten also live aus dem ERP-System kommen und immer so aktuell, umfassend und exakt sein wie möglich. Wie lässt sich das im Onlineshop abbilden? Mit der sogenannten Auftragssimulation: Ausgelöst per Klick oder Seitenaufruf im Checkout-Prozess, werden Produkte, Bestellmenge und eventuelle Shop-Rabatte pro forma an das ERP-System übergeben und dort eine Auftragsanlage simuliert. Als Ergebnis gehen die Einzelpreise und der Wert des Gesamtauftrags in Echtzeit zurück an den Shop. Aktualisiert der Kunde seinen Warenkorb, wird automatisch auch eine neue Auftragssimulation durchgeführt.

Der B2B-Kunde sieht und bestätigt so immer exakt die Summe, die der Auftragssumme beim Händler und dem Wert der späteren Rechnung entspricht. Alle Beteiligten arbeiten zu jeder Zeit mit identischen Preisen. Buchungsprozesse können damit automatisiert werden. Und Buchungsdifferenzen, Rückfragen und die damit verbundenen manuellen Aufwände gehören weitgehend der Vergangenheit an.

Emil Hadner

Emil Hadner

Emil Hadner ist Geschäftsführer von PROCLANE. Er gilt als einer der führenden Kenner von Integrationsprozessen und -lösungen im deutschsprachigen Raum.

emil.hadner(at)proclane.com